Da wir ja neulich kurz über Tolkien geschnackt haben, hier zwei kurze Fun Facts:
Die gesamte HdR-Reihe (inklusive Der Hobbit) umfasst je nach Art der Zählung 550.000 bis 576.000 Wörter.
Das längste "richtige" Werk im Archiv, in dem mein Zeug herumliegt ("richtige" deshalb, weil es Leute gibt, die unnötig Copy-&-Paste spammen, um ihren Word Count zu pushen) ist eine HdR-Fanfiction. Sie umfasst aktuell 6,9 Millionen (!) Wörter.
Macht daraus, was ihr wollt ...
Länge und Umfang unserer Erzählungen
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Re: Länge und Umfang unserer Erzählungen
Weil ich das Thema gerade nicht woanders breittreten will: Ich liebe den Herrn der Ringe und den Hobbit. Eine großartige Welt, visionär für den Bereich Fantasy und auch eine tolle Geschichte. Punkt.
Ich war nur immer der Meinung: Das Werk Herr der Ringe hat durchaus hier und da mal Schwächen im Spannungsaufbau und hier und da mal too much unnecessary information. Allerdings wurde letzteres VIEL schlimmer im Silmarillion. Welches ja auch keine "Erzählung" in dem Sinne ist. Aber da ging es mir dann zu weit, selbst vom Worldbuilding her. Allerdings haben das spätere Fantasy-Werke ja teils noch schlimmer gemacht...
Was ich sagen will: Visionäres Fantasy-Worldbuilding bei HdR? 150 von 100 Punkten
Storytelling: Sehr gut, aber keineswegs perfekt.
6,9 Millionen Wörter? Fuuuuuuu...
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Re: Länge und Umfang unserer Erzählungen
Es passt ja ganz gut ins Thema.
Ja, Fantasy und auch Sci-Fi dürften die Genres sein, in denen sich am ehesten ein sehr hoher Word Count ansammeln kann, einfach weil ja die erzählte Welt komplett fiktiv ist und man mit den übernatürlichen Elementen zusätzlich jonglieren muss, um zu definieren, welche davon vorkommen und welche nicht, und welche Kreatur welche besitzt. Das Worldbuilding verlangt zudem eine sehr detaillierte Beschreibung von Örtlichkeiten, damit sie für den Leser visualisierbar bleibt, und nicht ohne Grund gibt es bei vielen Fantasyromanen eine Landkarte vornedrin. Wenn man dann auch noch eine komplett funktionale Conlang entwickelt, oder gleich mehrere, ja dann Prost und Mahlzeit ...
Und ja, manchmal verrennt man sich im Worldbuilding und vergisst dabei Aspekte der Storyline; dann kann es hier und da auch mal langatmiger oder mit Informationen überladen werden.
Das versuch mal auf einen 10.000-Wörter-Shorty oder selbst einen 50.000-Wörter-Kurzroman runterzubrechen. Die gehen wahrscheinlich drauf, noch ehe von den handelnden Charakteren irgendeiner überhaupt den Mund aufmacht.
Ja, 6,9 Millionen Wörter. Da fühl ich mich gleich viel weniger hobbylos ...
Ja, Fantasy und auch Sci-Fi dürften die Genres sein, in denen sich am ehesten ein sehr hoher Word Count ansammeln kann, einfach weil ja die erzählte Welt komplett fiktiv ist und man mit den übernatürlichen Elementen zusätzlich jonglieren muss, um zu definieren, welche davon vorkommen und welche nicht, und welche Kreatur welche besitzt. Das Worldbuilding verlangt zudem eine sehr detaillierte Beschreibung von Örtlichkeiten, damit sie für den Leser visualisierbar bleibt, und nicht ohne Grund gibt es bei vielen Fantasyromanen eine Landkarte vornedrin. Wenn man dann auch noch eine komplett funktionale Conlang entwickelt, oder gleich mehrere, ja dann Prost und Mahlzeit ...
Und ja, manchmal verrennt man sich im Worldbuilding und vergisst dabei Aspekte der Storyline; dann kann es hier und da auch mal langatmiger oder mit Informationen überladen werden.
Das versuch mal auf einen 10.000-Wörter-Shorty oder selbst einen 50.000-Wörter-Kurzroman runterzubrechen. Die gehen wahrscheinlich drauf, noch ehe von den handelnden Charakteren irgendeiner überhaupt den Mund aufmacht.
Ja, 6,9 Millionen Wörter. Da fühl ich mich gleich viel weniger hobbylos ...
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Re: Länge und Umfang unserer Erzählungen
Ich muss die ganze Zeit an Marcel Prousts siebenbändigen Roman "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit denken". Den habe ich zwar nicht gelesen, aber wenn ich das hätte, wäre ich hinterher bestimmt auch auf der Suche
Beim Schreiben generell gibt es natürlich verschiedene Faktoren und je Schriftsteller unterschiedliche Gewichtungen. Da gibt es sowieso kein richtig oder falsch, sondern nur "es funktioniert" oder eben nicht. Solche Faktoren sind unter anderem Charaktere vs. Plot, Worldbuilding vs. erzählte Geschichte, Schreibstil vs. Informationsvermittlung und und und.
Wo alles am Ende natürlich eine Abstufung bzw. Mischform ist, wäre ich bei einer groben schwarz/weiß Einteilung zwischen den Kategorien "Tolkien" und "Hemingway" definitiv Team Hemingway
Kurz und knapp, aber nicht unbedingt mit weniger "Inhalt", siehe Eisbergmodell. Ich zitiere aus Wikipedia: "Es sei, so Hemingway, nicht erforderlich, dass ein Autor alle Details seiner Hauptfigur erzähle. Es genüge, wenn, wie bei einem Eisberg, ein Achtel über Wasser zu erkennen sei."
Andersherum mag ich durchaus Beschreibungen und finde sie auch wichtig. Die Frage wann, wo und wie ist halt die Kunst bei der Sache
Beim Schreiben generell gibt es natürlich verschiedene Faktoren und je Schriftsteller unterschiedliche Gewichtungen. Da gibt es sowieso kein richtig oder falsch, sondern nur "es funktioniert" oder eben nicht. Solche Faktoren sind unter anderem Charaktere vs. Plot, Worldbuilding vs. erzählte Geschichte, Schreibstil vs. Informationsvermittlung und und und.
Wo alles am Ende natürlich eine Abstufung bzw. Mischform ist, wäre ich bei einer groben schwarz/weiß Einteilung zwischen den Kategorien "Tolkien" und "Hemingway" definitiv Team Hemingway
Kurz und knapp, aber nicht unbedingt mit weniger "Inhalt", siehe Eisbergmodell. Ich zitiere aus Wikipedia: "Es sei, so Hemingway, nicht erforderlich, dass ein Autor alle Details seiner Hauptfigur erzähle. Es genüge, wenn, wie bei einem Eisberg, ein Achtel über Wasser zu erkennen sei."
Andersherum mag ich durchaus Beschreibungen und finde sie auch wichtig. Die Frage wann, wo und wie ist halt die Kunst bei der Sache
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Re: Länge und Umfang unserer Erzählungen
Nach dem letzten Band so: "So, wo ist meine Zeit jetzt geblieben? Ach, ist ja verloren, stimmt ja ..."
Ja, Hemingway war definitiv ein Extremfall in die andere Richtung. Nach seinem Gusto scheint man ja alles richtig gemacht zu haben, wenn die Abhandlung zur Geschichte einen Roman umfasst, während der Text selbst auf einen Bierdeckel passt. (Übertreibung als Stilmittel? Ich? Pah. ) Woran man halt auch sieht, wieviel man explorativ aus einem sehr kurzen Text herausholen kann, wenn er entsprechend verfasst ist. Sein Credo könnte man auch mit meinen Worten zusammenfassen: "Ich schreib den Kram nur, nachdenken müsst ihr schon selber."
Aus Autorensicht: In der Fanfiction gibt es nicht umsonst das "Drabble", einen meist aus einer Challenge entstehenden Kurztext mit exakt 100 Wörtern. Klingt nach "schreibt man doch in der Kaffeepause runter", aber so ist es definitiv nicht. Sich so kurzzufassen, kann mitunter eine größere Herausforderung sein, als ein Text mit mehreren hundert Seiten zu schreiben, so es wirklich ergiebig sein und einer kohärenten inneren Logik folgen soll.
Ich mag Beschreibungen auch. Ich muss jetzt natürlich nicht jeden Kleinkram wie die Farbe der Unterwäsche des Schwippschwagers der Hauptfigur wissen, oder aus welchem Jahrhunderte zurückliegenden Irrtum heraus die Entfernungsangabe nach Mordor auf Seite 752 um 310 Hobbitfußlängen abweicht. Aber gerade Örtlichkeiten visualisiere ich durchaus gern. Mir hilft das beim Eintauchen in die erzählte Welt. Nur braucht es eben die entsprechende Dosierung ...
Ja, Hemingway war definitiv ein Extremfall in die andere Richtung. Nach seinem Gusto scheint man ja alles richtig gemacht zu haben, wenn die Abhandlung zur Geschichte einen Roman umfasst, während der Text selbst auf einen Bierdeckel passt. (Übertreibung als Stilmittel? Ich? Pah. ) Woran man halt auch sieht, wieviel man explorativ aus einem sehr kurzen Text herausholen kann, wenn er entsprechend verfasst ist. Sein Credo könnte man auch mit meinen Worten zusammenfassen: "Ich schreib den Kram nur, nachdenken müsst ihr schon selber."
Aus Autorensicht: In der Fanfiction gibt es nicht umsonst das "Drabble", einen meist aus einer Challenge entstehenden Kurztext mit exakt 100 Wörtern. Klingt nach "schreibt man doch in der Kaffeepause runter", aber so ist es definitiv nicht. Sich so kurzzufassen, kann mitunter eine größere Herausforderung sein, als ein Text mit mehreren hundert Seiten zu schreiben, so es wirklich ergiebig sein und einer kohärenten inneren Logik folgen soll.
Ich mag Beschreibungen auch. Ich muss jetzt natürlich nicht jeden Kleinkram wie die Farbe der Unterwäsche des Schwippschwagers der Hauptfigur wissen, oder aus welchem Jahrhunderte zurückliegenden Irrtum heraus die Entfernungsangabe nach Mordor auf Seite 752 um 310 Hobbitfußlängen abweicht. Aber gerade Örtlichkeiten visualisiere ich durchaus gern. Mir hilft das beim Eintauchen in die erzählte Welt. Nur braucht es eben die entsprechende Dosierung ...
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Re: Länge und Umfang unserer Erzählungen
Ich haue noch Ambrose Bierce hinterher:
Man kann einen Gedanken natürlich noch bis zur Vignette verkürzen, oder bis zum Haiku. Alles möglich. Die 100%ige, radikale Knappheit wiederum wird auch nicht des Pudels Kern sein. Andersherum halte ich es auch nicht für richtig, dass immer mehr Beschreibung immer mehr Immersion erzeugt. Aber wir drehen uns; es wurde ja bereits festgestellt: Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte
Man kann da durchaus von verschiedenen Schulen sprechen.Roman, der – Wattierte Kurzgeschichte; verhält sich zur Literatur wie das Panorama zur Kunst. Da der Roman zu lang ist, um »am Stück« gelesen zu werden, löschen die Eindrücke der einzelnen Teile einander sukzessiv aus, wie im Panorama. Einheit, Totalität der Wirkung sind unmöglich; außer den wenigen zuletzt gelesenen Seiten bleibt von allem Vorausgegangenen lediglich der Handlungsknoten im Kopf.
Man kann einen Gedanken natürlich noch bis zur Vignette verkürzen, oder bis zum Haiku. Alles möglich. Die 100%ige, radikale Knappheit wiederum wird auch nicht des Pudels Kern sein. Andersherum halte ich es auch nicht für richtig, dass immer mehr Beschreibung immer mehr Immersion erzeugt. Aber wir drehen uns; es wurde ja bereits festgestellt: Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte