Namen ... ein riesenscheißegroßes Thema.
Ich stelle gegenüber dem Canon fest, dass ich in TKKG-Fanfictions sehr selten auf Wolf'sche sprechende Namen zurückgreife, und wenn, dann meist so, dass nur eine vergleichsweise kleine Gruppe unter potentiellen Lesern die Anspielung versteht. Am weitesten in jüngerer Zeit ging ich damit wohl in "Im Jagdrevier des Gerächten", wo ich spontan einen Namen für einen Bankier brauchte und ihn kurzerhand "Tietschloot" taufte. Kundige können vermuten, dass ich da einfach nur "Zeitschloss" ins Plattdeutsche übersetzt habe, und können das natürlich witzig oder wenigstens einigermaßen kreativ finden ("I see what you did there!"). Für Leser, die das nicht wissen können, ist es "nur" ein lustig klingender Name. Insoweit ist das schon fast win-win.

Einige weitere Namen könnten auf Scherze dieser Art zurückgeführt werden, auch wenn man dafür wohl um mehrere Ecken denken müsste ...
Bei anderen Namen ist das auch wieder ein Eiertanz: Sie sollen einerseits realistisch genug sein und gleichzeitig prägnant und gut unterscheidbar klingen, sodass es reale Personen sein könnten, andererseits soll sich aber keine reale Person darin wiederfinden. Wenn mehrere Autoren genauso denken, können zufällig ähnliche oder gar gleiche Namen dabei herumkommen, wie jüngst am Beispiel Reisinger gesehen.

In einigen Fällen sind es aber auch bewusste Anspielungen auf reale, mal mehr, mal weniger bekannte Personen.
Mein Problem ist dabei meistens auch gar nicht sosehr die Namensfindung, sondern die Entscheidung für einen endgültigen. Ich habe in der einen oder anderen Geschichte durchaus auch schon spontan kurz vor dem Hochladen noch Namen geändert. Oder ich habe auf dem digitalen Schmierblatt mehrere Namen eingetragen und mich erst während des Schreibprozesses intuitiv für einen entschieden. Und manchmal ergab sich das spontan, siehe das Beispiel Tietschloot. Aber ich habe nie vor dem Problem gestanden, dringend einen Namen zu brauchen und ewig lange nachgrübeln zu müssen.
Natürlich hilft es auch, wenn eine Person aus einer bestimmten Region, einem bestimmten Milieu oder anderweitig spezifizierten Sozialisationskontext stammen soll. Wobei da natürlich wieder die Gefahr von Klischees und Stereotypen besteht (so, wie im "Stern von Lisala": "Wow, er kreiert einen Schweizer und nennt ihn Reto. Wie originell."

)
Da Figuren bei mir nahezu immer einen Vor- und Nachnamen haben, ich also praktisch nie nur eines von beidem nenne, achte ich auch auf entsprechenden Wohlklang bei der Kombination.
Was natürlich zu dem Problem führt, dass die Figur auch irgendwann mal agiert.

Meist versuche ich es so, dass der Name beim ersten Auftritt zwei- oder dreimal ganz genannt wird, damit er auch wirklich sitzt, und dann nochmal bei einem erneuten Auftritt ein paar Szenen später zur Erinnerung. Ob ich abseits davon dann nur Vor-, Nach-, ggf. Spitznamen oder Anreden nenne, hängt eher vom Kontext ab, z.B. wie alt die Person ist. Ich weiß aber auch, dass das mitunter schon etwas zuviel sein kann.
Ein möglicher Ausweg kann sein, ähnlich wie bei "dialogue tags", Details über die Person einzustreuen. In der Kombination kann da somit auch mal stehen: "... fragte Smith", "... erkundigte sich der auffallend Blonde", "... wollte der 37-Jährige wissen", "... bohrte der gelernte Kraftfahrzeugmechaniker nach", "... vergewisserte sich Jeremiah, welchen jedermann nur Jerry taufte" etc. Das ist aber wiederum sehr kontextabhängig und gefällt auch wieder nicht jedem Leser zu gleichen Teilen.
Warum englische Namen cooler klingen als deutsche? Nun ja, das ist eine gute Frage. Ich hab vor einer Weile mal eine englischsprachige Fanfic angefangen, die auch in den USA angesiedelt ist. Ich konnte sie leider aus Zeitgründen nicht fertigstellen, wäre aber schon mal neugierig gewesen, ob die Namen auch für englische Muttersprachler so cool klingen wie für Deutsche, oder ob sie hierzulande einfach den Exotismusbonus haben.

Ich würde aber schon sagen, der Exotismus ist ein nicht zu unterschätzender Grund. Oder die angloamerikanische kulturelle Omnipräsenz in den letzten Jahrzehnten hat einfach dafür gesorgt, dass etwas einfach als "cooler, weil Englisch" wahrgenommen wird - ein mindestens genauso guter denkbarer Grund.